Rund um den Badekarren.

Für besonders Zögerliche wurde trotzdem ein langes Badehemd aus Flanell bzw. Leinen ausgeliehen.Rund um den Badekarren. Diese Badebekleidung dürfte schwer einem Modebegriff zuzuordnen gewesen sein.“
Während die Tante noch weiter erzählen wollte, stürmen wir Kinder mit der Badebekleidung ins Zimmer und nun begann die Qual der Wahl.
Mutti wählt einen Badeanzug aus der Zeit um 1900 aus, dieser ist aus farbigem Kattun (ziemlich dichtes gewebtes Baumwollzeug) und mit Volants (angenähter Besatz an Kleidungsstücken) verziert. Natürlich trägt sie dann dazu auch schwarze Badestrümpfe und Badeschuhe. Der Damenbademode von 1906/07 entsprechend, will Mutti später auch noch weite Pumphosen anziehen, die an den Kniekehlen anliegen.

Die zu der Zeit ebenfalls üblichen und sich ebenfalls im Besitz der Tante befindlichen, hoch hinauf gehenden Beinkleider, will Mutti aber auf keinen Fall anziehen. Papa wiederum lehnte es ab, eine kurze Badehose anzuziehen, wie sie im Herrenbad getragen wurde. Er wählte vielmehr einen blau-weiß gestreiften Badeanzug aus Baumwolltrikot aus, wie sie im Familienbad modern waren.
Nun ist Tante Trude aber nicht mehr zu bremsen und fährt fort zu erzählen: „Das erste Familienbad in Deutschland wurde zur Badesaison 1900 auf Helgoland eröffnet, in Holland und Belgien gab es aber schon lange vorher Familienbäder.

Das Damenbad in Swinemünde.Im Swinemünder Damenbad.
Im Swinemünder Herrenbad.Im Swinemünder Herrenbad.

Um die weitere Abwanderung ins Ausland einzuschränken, war die Einführung auch in Deutschland unvermeidbar. Für die Herren hatte die Zulassung der Familienbäder aber einen kleinen Nachteil, denn nun durften sie nicht mehr die kurzen Badehosen aus dem Herrenbad benutzen, sondern sie mussten einen Badeanzug tragen, gerade so wie ihn Euer Papa jetzt trägt.“
„Einige Ausschnitte aus der Badeordnung für die Benutzung des Heringsdorfer Familienbades aus dem Jahre 1908 und einige kleine Geschichten muss ich Euch unbedingt noch mitteilen“, sagt nun die Tante, sichtlich bemüht, nicht den Faden zu verlieren.