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Eine Promenadenwanderung in Heringsdorf
Eine Promenadenwanderung von der Heringsdorfer Seebrücke in Richtung Ahlbeck ist ein besonderes Erlebnis. Die teilweise auf einer Düne und von einer Parklandschaft umgebenen Gebäude sind ein Augenschmaus für jeden Architekturliebhaber. Gehen Sie mit auf eine Reise in die Kaiserzeit als Heringsdorf ein Weltbad war und die Oberschicht aus Deutschland sich hier ein Stelldichein gab.
Villa Oechsler
Die Villa wurde 1883 im neoklassizistischen Stil durch Hermann Berthold erbaut. Dieser äußerst kreative Unternehmer hatte eine Schriftgießerei- und Messinglilienfabrik in Berlin. Im Jahre 1878 bekam er den Auftrag zur Entwicklung eines Typometers (Urmaß), d. h. die Schaffung eines einheitlichen metrischen Maßsystems wobei ein Meter 2660 Punkte hat. Das somit geschaffene „Deutsche Normal-Schriftsystem“ hatte einheitliche Schriftgrößen und Höhen. Diese Entwicklung war die besondere Leistung von Hermann Berthold und hat ihm wohlhabend gemacht. Im Jahre 1888 verkaufte er seine Firma, die im Jahre 1896 zur Aktiengesellschaft wurde.
Das Gebäude ist ein eingeschossiger Putzbau von fünf Achsen über leicht geböschtem Sockel. An der Seeseite ist ein dreiachsiger Säulenportikus (Vorhalle) mit Dreieckgiebel, wobei die Porphyrsäulen in der Granitschleiferei Kessel & Röhl in Wolgast bearbeitet wurden. Der Dreieckgiebel gleicht im Mittelteil einem ionischen Tempel, wobei im Giebel statt des antiken Titanenkampfes badende Grazien dargestellt sind. Das Mosaik wurde aus einer Glas- Emailleschmelze mit Goldbestandteilen von Antonio Salviati aus Venedig ausgeführt und ist auch kunsthistorisch besonders wertvoll.
Deshalb einige Informationen zu Antonio Salviati, dieser wurde 1816 in Vicenza (Venetien) geboren. Bis 1859 als Advokat tätig, widmete er sich danach als Fabrikant auf der Insel Murano bei Venedig der Herstellung von Mosaiken. Diese fanden bald weltweit Verbreitung, überall wo hochwertige Mosaike benötigt wurden bekam er Aufträge, so bei der Siegessäule in Berlin, der Stephanskirche in Wien oder bei der Sanierung des Kölner Doms.
Der Baukörper wird durch Konsolfriese, Gesimsbänder und Rechteckfelder mit figürlichen Reliefs gegliedert. Am Ostgiebel der Villa ist ein apsisartiger Vorbau mit Balusterattika d. h. einer niedrigen Einzelsäule einer Balustrade. Im Jahre 1905 erwarb Hans von Bleichröder die Villa weitere Eigentümer waren u. a. ab 1922 Elise Oechsler, die Ehefrau von Fabrikant Otto Oechsler, aus Nürnberg. Im Jahre 1941 wurde die Villa Eigentum von Fotografenmeister Erwin Bock aus Anklam. Nach dem Krieg zunächst Kommandantur der Roten Armee und nach deren Abzug aus dem Strandviertel bis zur Wende Gemeindebibliothek.
Da die Villa nie verstaatlicht wurde erfolgte nach der Wende ein privater Verkauf durch die Familie Bock. Nach einem Zwischeneigentümer wurde Hermann Hornung aus Neumünster Eigentümer der Villa. So erfolgte nun eine umfassende Sanierung und weitgehende Wiederherstellung im Inneren und Äußeren der Villa. Bei einem Besuch in der Modeboutique können Sie nebenbei auch die herrliche Innenarchitektur der Villa bewundern.